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PAT 100 Jahre - Vom Pfeifenanalysator zur wissensbasierten Produktion - Dr. habil. Maiwald - BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung,

- 100 Jahre Prozessanalytik -
Vom Pfeifenanalysator zur
wissensbasierten Produktion

Michael Maiwald
BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung,
Richard-Willstätter-Str. 11, 12489 Berlin

 

PRORA 2013, Fachtagung Prozessnahe Röntgenanalytik
21.‒22. November 2013, Berlin





100 Jahre Prozessanalytik 1913‒2013

Vor 100 Jahren, am 22. Mai 1913, erhielt Paul Gmelin, Mitarbeiter im physikalischen Laboratorium der Badischen Anilin und Soda Fabrik in Ludwigshafen das erste Patent auf ein Prozessanalysenmessgerät. Der sogenannte Pfeifenanalysator wurde entwickelt um das Verhältnis der Gase Stickstoff und Wasserstoff für die Ammoniaksynthese messtechnisch zu erfassen und den Produktionsprozess damit zu steuern.

Und was wurde in diesen einhundert Jahren für die Analytik erreicht ? Betrug die

Nachweisempfindlichkeit damals bei Änderungen von 0,1 % für Wasserstoff in CO
und 0,5 % für Sauerstoff in H2
,
so ist sie heutzutage etwa um den Faktor 1000 besser geworden.

mehr zum Patent


Zwei grundsätzliche Fragen bewegen augenblicklich die Diskussionen im Arbeitskreis für Prozessanalysentechnik AK PAT der DECHEMA / GDCh -

Erstens :

Wozu und warum wird die PAT (ProzessAnalysenTechnik) noch benötigt -
wenn im Jahr 2012 in Deutschland die

Pharmaindustrie (ohne die Chemie, ohne die Stahl- Eisenindustrie, ohne Textilindustrie ...)
einen Umsatz von 188 Milliarden EURO, erbracht von 550.000 Beschäftigten,
bei einem F&E-Budget von nur 10 Mrd. EURO

so erfolgreich ist im internationalen Wettbewerb ?

Und dabei ist sie, die PAT, auch noch technologisch anspruchsvoll, automatisierungsintensiv, auf Innovationen angewiesen, da fortwährend neue Stoffe und Materialien benötigt werden und den Einsatz vieler Wissenschaftler und Ingenieure erfordern.

Und zweitens :

Und was ist in den nächsten 100 Jahren wichtig, für die Entwicklung der PAT und für die Prozess~Industrie in Deutschland?
Anders gefragt : Wie bleibt die deutsche Industrie im globalen Wettbewerb im Spitzenfeld ?

Die Antworten

Zum Einen : Ohne die vielfältigen Messmethoden der PAT
sind Chemieanlagen, Raffenerien und praktisch alle Anlagen der Prozessindustrie heute nicht mehr wirtschaftlich und sicher zu betreiben.

Die direkte Messung von Substanzeigenschaften, Konzentrationen und Zusammensetzungen erlaubt die Überwachung von Produktionsprozessen und ermöglicht bei der Einbindung in Regelkreise eine optimierte, zielproduktorientierte Produktion - teilweise ausgehend sogar von den Rohstoffen.

Zum Anderen : Die Prozessindustrie als viertgrößte Branche in Deutschland und hierbei technologisch sehr anspruchsvoll kann ihre Weltmarktstellung nur bewahren, wenn sie
Wettbewerbsvorteile erringt in den Bereichen Preisgestaltung,
Ressourcenverbrauch, gesetzliche Regelungen, Arbeitschutz und
vor allem in der Sicherheit des erreichten Know-hows (safety of intellectual property).

Die PAT ist hierbei eine Voraussetzung, bietet aber gleichzeitig Lösungen und Innovationen, wenn - ja, wenn - sie die aktuellen Strukturprobleme einer modernen, demokratisch verfassten Industriegesellschaft engagiert angeht :

Nur wenn sie diese Probleme löst :

  • Der Demographiewandel in Deutschland verursacht auch eine Abnahme der Zahl der Fach-Ingineure (m/w), die nur durch Zuwanderung von außen und bessere Aus~ bzw. Weiterbildungsmaßnahmen von Hochschule und Industrie ausgeglichen werden kann.
    Ein erster Ansatz ist hier die Neugründung des Bereichs Process Analysis & Technology an der Hochschule Reuttlingen.
  • Ein noch zu geringer Automatisierungsgrad, sondern technischen Verlass auf Mitarbeiter mit anlagenspezifischer Erfahrung, d.h. die Produktion hängt noch zusehr am menschlichen Faktor.
  • Know-how-Verlust in der chemisch-technischen Anlagenführung duch die fortdauernde Automatisierung der Prozesse so wie neuerdings durch das Eindringen der IT-Technologie in den Produktionsprozess.
  • Produktions- und Rezepturdaten werden vielfach immer noch nicht elektronisch erfasst, um
    Produktions- und Qualitätsparameter miteinander im Sinne von "Quality by Design" in Verbindung zu bringen.
  • Der Übergang zur Wissensbasierten Produktion ist weltweit in vollem Gange, d.h. nur wer seine Produktionsanlagen und Produkt-Life-Cycle versteht und beherrscht, hat eine reele Chance auf dem globalen Markt.
  • Das Zukunftsprojekt Industrie 4.0, d.h. den Übergang zur cybergesteuerten Prooduktion aktiv mit~gestalten.

Das notwendige Handwerkszeug ist bekannt, wird aber noch ungenügend genutzt :

  • Die Anwendung relevanter chemischer, physikalischer, biologischer und mathematischer Methoden
  • Die zeitnahe Erfassung kritischer Parameter
  • Anwendung chemischer, physikalischer, biologischer und Umwel~Prozesse

Eine nicht geringe Voraussetzung ist natürlich das geschulte Fachpersonal mit transdisziplinärer Methodenkompetenz in der

  • Analytik
  • Datengenerierung (experimental Design)
  • Statistik (multivariate Datenanalyse)
  • Logistik + SupplyChain Management
  • Automation
  • Modellierung

In der pharmazeutischen Industrie wird die PAT schon seit Längerem erfolgreich eingesetzt, so im Blending-Prozess bei der Mischung von Wirkstoff und Hilfsstoffen in der Tablettenherstellung.
Diese ist ein kritischer Prozess, der die exakte Kontrolle der Mischzeit erfordert, um das Ziel, optimale Partikelgröße, geringe Vermahlung wowie eine optimale Freisetzung des Wirkstoffs, zu erreichen.
Und das Ziel wurde erreicht mithilfe de Online-NIR-Spektroskopie und Akkubetrieb.

Ausgang und Anlass, dem Begriff PAT Process Analytical Technology Leben einzuhauchen, waren die Vorgaben der amerikanischen FDA für die pharmazeutische Industrie in den USA. Diese wurden im Wesentlichen in drei größeren Schritten vollzogen :
1. Schritt: Einführung der Pharmakopöen (1990er Jahre) - Beschreibung der Methoden im allgemeinen Teil (z. B. NIR)
2. Schritt : „PAT-Initiative“ der FDA (Oktober 2004)
3. Schritt: PAT-Guideline der ICH*
- *ICH = The International Conference on Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for Human Use (www.ich.org)

mehr bei der FDA


Die Technologie-Roadmap Prozess-Sensoren 2015+, einer Arbeitsgruppe aus der BAM + NAMUR/VDI-GMA + Gerätehersteller + Anwender, hat Optimierungsmöglichkeiten für Anlagen dieser Branche auf der Basis
geeigneter Sensoren erarbeitet mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen chemisch-
pharmazeutischen Industrie sowie ihrer Prozessleittechnik- und Prozessanalytik- Lieferanten zu stärken.

Die Ergebnisse der Roadmap sind u. a. diese Forderungen

  • höhere Robustheit und Langzeitstabilität
  • Sensorik für die Warenlogistik
  • Einweg-Sensoren
  • eine höhere Genauigkeit
  • immer niedrigere Erfassungsgrenzen
  • neue Anforderungen für nachwachsende oder
    recycelter Einsatzstoffe
  • räumliche Verteilung von Prozessgrößen
  • Lokalisierung von Grenzflächen bzw. -phasen

und diese Sensorik soll geeignet sein für eine Vielzahl von Matrices wie

  • Braun-, Steinkohle, -brikett, Kokse, Brennstäube
  • Holz, Getreide, Gräser, Ölsaaten (Biomassen)
  • Gärrückstände, Komposte, Klärschlämme
  • Holzpellets, Mischpellets oder -briketts
  • Abfälle zur thermischen Behandlung oder Verwertung, Sekundär-/Ersatzbrennstoffe
  • Teere, Bitumen, Wachse, Fette, Öle
  • Kraftstoffe und Schmiermittel, Biodiesel, Bioethanol
  • Roh- und Abgase, Prozessgase, Deponiegase, Biogas

Die Autoren der Roadmap blicken auch in die nähere Zukunft und wünschen sich Analysensysteme, die, unter Berücksichtigung der aktuellen Möglichkeiten, vielfältiger und flexibler in der Anwendung sind wie z.B. für die

  • Zielproteinanalyse für Bioprozesse wäre revolutionär
  • „Online-ppb“ - Überwachung auf Katalysatorgifte
  • Laserspektroskopie
  • optische ppb-Spektroskopie
  • photoakustische Spektroskopie (PAS)
  • Ionenmobilitätsspektroskopie (IMS)
  • Tomographie - Informationen über räumliche Verteilung von Prozessgrößen

 

Textquelle : Vortrag Dr. Maiwald - BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung

mehr zu den Anwendungen der PAT beim 9. Kolloquium des AK PAT 2013

Die Technologie-Roadmap Prozess-Sensoren 2015+

 

Der Arbeitskreis Prozessanalysentechnik
AK PAT inmitten des "Kleeblatts" -
der "Trialog" mit Forschung, Herstellern und Anwendern 'vernetzt' die einzelnen Sachgebiete

 
Das traditionelle Herbstkolloqium des Arbeitskreises Prozessanalysentechin PAT

 
 
Die europäische Tagung der Prozessanalytiker

 
 


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